Heinrich II.

Deutschland, 31. Mai 2010: Vorgestern noch ein Land im kollektiven Freudenrausch, heute am Boden der Tatsachen zerstört. Ein Grund für den Schreiber dieses Fußballblogs, in sich zu kehren und staubzusaugen. Es ist dies nicht mehr die Zeit für lockeres Wortgeplänkel über „König“ Fußball. Es ist nun die Zeit, über Dinge von wirklich nationaler Bedeutung nachzudenken. Der Präsident dieses Landes ist von uns gegangen in den hochdotierten Ruhestand, und unser Volk steht in trauernder Fassungslosigkeit wie ein Pudel im Gegossenen. Die geplante Fußballberichterstattung über die spannende Begegnung zwischen Israel und einem internationalen All-Star-Team muss darum heute leider ausfallen.

„Ich heiße Horst. Und mein Name ist Programm“, pflegte er sich in den Fußgängerzonen des deutschen Mittelstandes einzuführen, wo er gerne und regelmäßig die Nähe zum einfachen Volk suchte. Und das mochte ihn. Seine Bescheidenheit kam an beim kleinen Mann auf der Straße, der in dieser Tugend des höchsten Staatsoberhauptes auch ein wenig sich selbst wiedererkannte. Denn Horst war nicht nur bescheiden im Auftreten, er war es auch in seinen Talenten und Leistungen. Die Überflüssigkeit seines Amtes verkörperte er so gut wie nur wenige vor ihm. Obwohl von Westerwelle und Merkel noch in ihren besten marktgläubigen Tagen ins Amt gesetzt, erlaubten ihm seine erfreulich limitierten Fähigkeiten als Rhetoriker doch nicht ernsthaft, in Hauruck-Reden für den Ausbau der neuen asozialen Marktwirtschaft Initiative zu ergreifen. Horst war wie Troubardix: Wenn er schwieg, ein fröhlicher Geselle und hochbeliebt. Und Horst schwieg häufig.

Eine einzige Sache gab es, bei der der sonst so gelassene Mann die Fassung verlieren konnte: wenn jemand seinen Namen verwechselte. Hin und wieder kam das seltsamerweise vor, und dann reagierte er meist cholerisch: „Horst, verdammt noch mal, Horst, nicht Heinrich, Sie Arschgeige!“

Denn Heinrich, das war derjenige seiner Amtsvorgänger, der einmal auf einer Afrikareise eine Rede mit den Worten „Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Neger“ eingeleitet und sich damit einer gewissen Kritik ausgesetzt hatte, welche damals jedoch anders als heute noch nicht so weit ging, dass das ehrwürdige Amt des Bundespräsidenten ernsthaft beschädigt worden wäre. Da Horst in seinem ganzen Leben noch keinen bemerkenswerten, erinnerungswürdigen oder klugen Satz geäußert hat, quälte ihn verständlicherweise mit zunehmender Amtsdauer mehr und mehr die Angst, er könnte mit einem vergleichsweise ähnlich blöden Satz wie Heinrich in die Geschichte eingehen. Ein hartes Los für jemanden, der sich all die Jahre bemüht hatte, möglichst gar nichts zu sagen.

Hinter Horsts äußerlich makellosen Fassade muss es schon über längere Zeit gegärt haben. Bekannte von ihm erzählen, dass ihm seine Rolle als gutartiges Geschwulst zunehmend zu schaffen gemacht habe. In den letzten Wochen, sickerte aus für gewöhnlich gut informierten Kreisen an die Öffentlichkeit, sei Hotte oft nächtelang durch die dunklen Gänge von Schloss Bellevue gegeistert und habe immer nur den einen Satz vor sich hin gemurmelt: „Ich bin bösartig, ich bin bösartig…“

Dennoch, sein Rücktritt hat wohl jeden überrascht. Jetzt ist guter Rat teuer. Bundespräsidenten mögen in der Haltung zwar billiger sein als gekrönte Häupter, aber anders als diese pflanzen sie sich leider nicht auf natürliche Weise fort. In ihrer Entstehung sind sie das Produkt eines mühsamen demokratischen Prozesses. Normalerweise bestimmt die Partei mit dem größten politischen Einfluss einen Parteibuchhalter aus den eigenen Reihen für das Amt und demonstriert damit ihre Macht. Doch in der wirren politischen Lage nach dem Rücktritt von Horst könnte es diesmal anders ablaufen. Aus den Reihen der Union wurden schon Stimmen laut, man wolle diesmal einen Kandidaten finden, auf den sich alle Fraktionen einigen könnten. Naturgemäß gibt es nicht allzu viele, die sich da aufdrängen: Rudi Völler wäre denkbar, aber eine stabile Mehrheit für Frisur und Schnauzer scheint hier nicht sicher gewährleistet. Weiter in Frage kämen Helmut Schmidt und Mario Barth, wobei letzterer von manchen als zu stark polarisierend und ersterer als zu stark rauchend empfunden werden dürfte. Als einzige realistische Alternative bliebe am Ende wahrscheinlich Lena Meyer-Landrut übrig. Das freilich wäre mehr noch als eine kleine Revolution. Denn eigentlich ist es Frauen nicht gestattet, in Deutschland Bundespräsident zu werden.

Halt, nein, das stimmt ja gar nicht, den letzten Satz bitte streichen. Menschen, die jünger sind als 40 dürfen nicht Bundespräsident werden; das Geschlecht spielt dabei keine Rolle. So ist es richtig.

Doch in der schwierigen Situation, in der wir jetzt gerade stecken, erscheint eine diesbezügliche Grundgesetzänderung nicht als die schlechteste Möglichkeit. Über Grundgesetzänderungen in Bezug auf Paragraf xy „Du sollst keinen Angriffskrieg führen“ hatte sich in den letzten Tagen ja auch gerade der zurückgetretene Bundespräsident einmal halblaut Gedanken gemacht. So eine Änderung hätte diesen gewissen rauen Charme des ehrlich Skrupellosen. Artikel 54,1 GG könnte man bei der Gelegenheit gleich miterledigen. Prominente Politiker jedenfalls haben sich schon parteienübergreifend für unsere Lena ausgesprochen, u.a. Angela Merkel, Christian Wulff und Claudia Roth.

Auch das Raushau-Blog möchte sich ihrer Forderung anschließen. Wir finden Lena nämlich auch nett und möchten es bei dieser Gelegenheit auf keinen Fall versäumen, uns schleimscheißenderweise an sie ranzuhängen; denn wo wir sind, da ist der Hype bzw. auch umgekehrt, wenn es denn sein muss. Und dass das Lied gequirlte Kälberscheiße war, wird nur für einen ernsthaften Einwand halten, wer noch keine Rede von Horst gehört hat. Ein frisches Gesicht für Deutschland! Wir sind dafür! Das wäre so supi für das Ansehen unseres Landes, dass wir uns ganz entspannt wenigstens einen Minderwertigkeitskomplex weniger leisten könnten. Wir müssten nicht mehr ganz so dringend Fußballweltmeister werden zum Beispiel, oder noch viel besser: Vielleicht könnten wir es uns sogar erlauben, nicht mehr Papst zu sein. Das wäre doch was. Lieber Ratzinger, wir wissen zwar, dass so ein Rücktritt als Papst etwas aufwändiger ist, als ein Rücktritt als Horst, aber andererseits sind Sie nicht inzwischen im besten Alter dafür? Überlegen Sie sich’s halt mal.

Werbung

Der B-B-Blocker

Als Fußballexpertenblogger ungleich talentierter als ich, das muss ich neidvoll anerkennen, ist der Herr Valin von Spreeblick, den ich hier einmal verlinke, auch wenn auf Spreeblick zu verlinken, ja eigentlich Quatsch ist, weil das sowieso jeder liest, sofern er Gebloggtes überhaupt zur Kenntnis nimmt. Doch es muss sein, allein schon wegen dieses Satzes:

„Die erste Schrecksekunde vor dem Anpfiff: Beckenbauer gab zu Protokoll, er habe „schon hin und wieder Gedanken“. Glücklicherweise hatte das wie üblich keine allzu großen Auswirkungen auf seine Äußerungen.“

Beckenbauer vor dem Spiel habe ich mir natürlich nicht angetan, und als er nach dem Spiel auftauchte, ist mit mir genau das passiert, was mir immer geschieht, wenn ich Beckenbauer sehe oder höre: Ich habe sofort die Flucht ergriffen. Ich wollte ja bleiben, doch es ging nicht, es war ein Reflex. Dieser Fluchtreflex muss was Genetisches sein, ein altes Überbleibsel aus der Zeit, in der die Ur-Menschen in der afrikanischen Steppe noch unzähligen Gefahren ausgesetzt waren. Kaum tauchte ein Stinktier in ihrer Nähe auf – zack -, setzte sofort der Fluchtreflex ein. Darüberhinaus ist es selbstverständlich einfach nur sehr unangenehm so ein Beckenbauer reden zu hören. Brrrr.

Ähnlich wirkungsvoll ist sonst nur noch der andere B., der Dieter B. Und hier wird es interessant: Beckenbauer und Bohlen haben beide einen Haufen Werbeverträge. Wer nichts von den Gesetzmäßigkeiten der Werbung versteht, wird jetzt denken, dass das doch nicht sein könne, dass Werbung gemacht wird ausgerechnet mit Gestalten, die einen solchen Fluchtreflex auslösen. Aber genau so funktioniert Werbung. Sie muss einfach so doll weh tun, dass es sich ins Gedächtnis einbrennt. Das ist der ganze Trick. Bohlen und Beckenbauer sind in Print, Radio und Fernsehen, was Werbepopups mit Geräusch im Internet sind.

In meinem Browser habe ich einen Popupblocker installiert, den ich über alles liebe. Es ist ziemlich genau mein einziges Add-on, weil mir alle anderen eher überflüssig erschienen. Aber dieser Werbepopupblocker, der ist sowas von unentbehrlich, ich könnte nicht mehr ohne ihn!

So etwas Tolles muss es in Zukunft auch gegen Beckenbauer und Bohlen geben. Hiermit melde ich den B-B-Blocker zum Patent an. Er wird mich reich machen und unsere Erde ein kleines Stück lebenswerter.

Mittwoch, den 26. Mai,

also in einer Woche, findet im Filmcafé in der Schliemannstraße 15, im Prenzlauerberg eine Veranstaltung statt, die man nicht verpassen sollte: „Fang den Film“ das brandneue Berliner Filmquiz.

Doreen Butze, Björn Helbig und ich  haben uns die Aufgabe gestellt, euch dann Aufgaben zu stellen. Und das ist eine, an der wir gerade gewaltig wachsen, denn sie ist nicht einfach. Wir haben uns viele schöne Fragen ausgedacht. Manche, von denen wir denken, sie sind leicht, aber vielleicht sind sie schwer, manche, von denen wir denken, sie sind schwer, aber vielleicht sind sie leicht, und manche dazwischen. Und wir haben uns noch mehr und noch schönere Kategorien und Spiele überlegt, wir haben Ton und Bild und Text und Multitaskingmediaalles und wir werden alle Spaß haben oder sterben.

Und wir haben einen Trailer. Geschnitten hat ihn Robert Staffl mit uns und die Musik ist ein Teil aus dem Stück „Ruf 5“, das uns Michael Tur zur Verfügung gestellt hat. Danke euch beiden! Und welche Filme drinstecken, könnt ihr ja schon mal zum Warmwerden für nächste Woche raten bzw. wissen.

Wird Deutschland untergehen?

Der Beginn meiner neuen Tätigkeit als Fußballblogger fällt in eine Zeit, in der Fußballdeutschland geradewegs auf den Abgrund zuzutaumeln scheint. Die Hauptstadt ist heruntergewirtschaftet und nunmehr nur noch zweitklassig, dagegen schickt sich der Verein aus dem ulkigen kleinen südlichen Nachbarland an, den Pokal als beste Mannschaft Europas zu holen.  Doch diese Schreckensmeldungen, sie verblassen im Angesicht der neuesten Hiobsbotschaft: Unser Leitwolf Michael Ballack, er wird unser Team nicht bei der Weltmeisterschaft auf dem dunklen Kontinent anführen. Ballack, der nach langen Jahren, auf der britischen Insel endlich das Andy-Möller-Syndrom abgelegt hatte und zum echten Mann herangereift war. Dieser beste Fußballer, den wir haben, er wurde brutal außer Gefecht gesetzt von ausgerechnet einem Berliner Intensivtäter mit afrikanischem Migrationshintergrund. Ein Gangster, der sofort des Landes verwiesen gehörte, wenn er nicht  schon in England spielen würde.

Unter solch düsteren Vorzeichen ist der dank Ballack sicher geglaubte Vizeweltmeistertitel wohl kaum mehr zu holen. Deutschland wird kleinere Brötchen backen müssen. Wichtig ist jetzt, dass wir uns einigermaßen ehrenvoll aus der Vorrunde verabschieden. Nichts wäre fataler für das internationale Ansehen der Bundesrepublik, als wenn unsere Jungs von den Gruppengegnern mit drei dreistelligen Zu-Null-Klatschen nach Hause geschickt würden. Doch die Gefahr, das wird wohl niemand abstreiten, besteht.

Konkret kann das für die verbleibenden Wochen bis zum Beginn der Spiele nur eines bedeuten: Rückbesinnung auf die deutschen Tugenden, das heißt: Kampfgeist, Willenstärke und taktisches Foulspiel. Doch sind die Jogi Löw verbliebenen Spieler wirklich dazu in der Lage das abzurufen? Viele Menschen bezweifeln es. Was jetzt nötiger erscheint denn je, vielleicht so nötig wie noch nie in der Geschichte des deutschen Fußballs, ist ein knallhartes Trainingsprogramm. Jeder dieser jungen Profispieler, die das Trikot mit dem Adler tragen, muss bis an seine Schmerzgrenze gehen. In einer Situation wie der, in der wir uns jetzt befinden, können wir als einstmals große Fußballnation es uns nicht leisten, jemanden mitzuschleppen, der dazu nicht bereit ist. Für den DFB kann das nur eins bedeuten:  Es muss ein tabuloses Training aufgezogen werden. Oder wenn nicht tabulos, dann wenigstens gnadenlos, wie Anne Will gestern in einem ähnlichen Zusammenhang verlautbaren ließ.

Doch trotz aller düsterer Prognosen noch besteht Hoffnung. Und wer weiß, vielleicht naht die Rettung aus einer Ecke, aus der sie niemand vermutet hätte: „Wenn Jogi Löw anfragt, ich bin bereit für den Michael einzuspringen, und Verantwortung für den deutschen Fußball zu übernehmen“, so Lothar Matthäus heute gegenüber BILD.

Das Fußballexpertenblog

Die Konzeption des Rauhaublogs hat sich in den letzten Monaten offensichtlich totgelaufen. Eine ausführliche Würdigung von Blogleichen findet sich hier. Dem muss ich nichts hinzufügen. Ich kann nicht länger in völlig unklaren Formen über Dinge schreiben, von denen ich nichts verstehe, und am Ende immer nur wieder bei mir selbst landen. Davon muss man depressiv werden. Aus diesem Grund habe ich mich entschieden – und diese Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen –, ab heute hier nur noch über Dinge zu schreiben, von denen ich etwas verstehe. Das heißt erstens, nichts mehr über mich selbst, denn davon verstehe ich nun wirklich nichts. Zweitens, nichts mehr über irgend ein anderes Thema, denn ich verstehe nichts davon. Außer drittens: über Fußball, denn von Fußball versteht jeder etwas, dann ich also auch, denn sonst wäre es ja nicht jeder.

Aus Berliner Sicht muss ich zunächst etwas über Hertha schreiben. Hertha ist letzten Samstag aus der 1. Fußball-Bundesliga abgestiegen, und das ist sehr traurig. Es ist aber auch keineswegs unverständlich, sondern eine logische Folge der letzten Saison. Als Hertha damals überraschend um die Meisterschaft mitspielte, hörte ich einen Berliner Studenten, kein gebürtiger Berliner, also höchstwahrscheinlich ein Anhänger entweder des VfB Stuttgart oder des SC Freiburg, vor der Staatsbibliothek zu seinem Freund folgende Worte sagen: „Wenn es einen Fußballgott gibt, dann steigt Hertha nächstes Jahr ab. Als Ausgleich für das ungeheuerliche Glück, das die diese Saison haben.“ Ich habe bis heute niemandem von diesem mitgehörten Gesprächsfetzen erzählt. Ich hatte eine abergläubische Furcht, es damit erst recht zu beschreien. Jetzt ist es trotz meiner Zurückhaltung geschehen, jetzt kann ich es auch hinschreiben.

Damit sind die Gründe für den Hertha-Abstieg ausreichend ausführlich beleuchtet. Bis auf einen klitzekleinen Fehler in der Argumentation. Denn natürlich gibt es keinen Fußballgott, es gibt nur einen Fußballteufel. Der Beweis dafür ist die Existenz des FC Du-weißt-schon-wer. Der Dunkle Verein kann es sich leisten, alles falsch zu machen, was man falsch machen kann. Dann wird man eben einmal nur Dritter, aber pleite geht man davon nicht, und für nächste Saison packt man einfach noch ein bisschen Geld drauf und schon gewinnt man wieder alles, was zu gewinnen ist. Zu diesem Thema gibt es im Deutschen eine gute alte volkstümliche Spruchweisheit, die da lautet: „Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen.“ Hertha ist also mal wieder abgestiegen aus dem gleichen Grund, aus dem Du-weißt-schon-wer Rekordmeister ist: der Fußballteufel findet’s lustig.

Ich fürchte, so langsam steigen hier ein paar meiner Leser aus. „Was soll diese Bitterkeit?“ werden sie sagen. „Es ist doch alles bloß ein Spiel.“ Die Begründung ist natürlich vorgeschoben. Jeder weiß, dass es kein Spiel ist, sondern Krieg mit vergleichsweise humanen und vor allen Dingen kostengünstigen Methoden. Denn ein Stürmer wie Robben mag ganz schön viel Geld kosten, aber mal so richtig nach Lust und Laune bei Lockheed Martin shoppen gehen, ist halt doch noch ein bisschen teurer. Anders ausgedrückt: Wäre der FC Du-weißt-schon-wer nicht Rekordmeister, dann würde eine ulkige Spaßpartei wie die CSU bei keiner Bayerischen Landtagswahl über die 5%-Hürde kommen. Umgekehrt würde niemand es wagen, über das dreckige und asoziale Berlin herzuziehen, wenn Hertha im Champions-League-Finale stünde. Leute, die eine Ausflucht bemühen, die derart durchsichtig ist, wie die, dass Fußball nur ein Spiel sei, wollen in Wahrheit bloß von ihrer eigenen zwielichtigen Todesser-Rolle ablenken. Sie wollen davon ablenken, dass sie dem Dunklen-Verein im Champions-League-Finale vor dem Fernseher, am Ende gar beim Public Viewing, unterstützen werden, einzig und allein aus dem Grund, dass sie ahnen, dass es die deutsche Fußballnationalmannschaft bei der nächsten WM nicht sonderlich weit bringen wird, und darum ersatzweise die Soldateska des FC Du-weißt-schon-wer als ihre Heerschar im Stellvertreterkrieg betrachten.

Gut, Du-weißt-schon-wem wünsche ich jedenfalls ein erfolgreiches Finale. Hier schon mal ein bisschen Tanzmusik, falls es was zu feiern gibt.

Und Jupp Heynckes hat also gesagt, er habe noch nie eine Mannschaft gesehen, die so gut spielt wie Hertha und absteigt. Das sind ja keine Trostworte, ein Trost könnte das sowieso nicht sein, es ist ja einfach das, was alle gesehen haben. Und man weiß nicht, ist der Abstieg, wenn eine Mannschaft meistens besser spielt, aber nie gewinnt, nun umso verdienter, weil sie es doch gekonnt hätte und nur irgendwie zu blöd war, oder ist er einfach nur ein riesengroßes weltumspannendes Unrecht. Eine typische Frage, über die Fußballexperten, also alle, fruchtlos und geistlos und immer wieder von neuem diskutieren können.

Ich habe mir in den letzten Monaten übrigens auch die ein oder andere Chance erspielt in meinem Leben, und zum Teil sah das sogar ganz gut aus, fand ich. Und ich habe sie auch alle versemmelt. Aber erste Liga bin ich eh nicht, da ist das nicht so wichtig. Den letzten Absatz bitte streichen, diese Art von Bloggerei findet im Raushaublog nämlich nicht mehr statt.

Sondern nur noch Fußball. Nachdem in der letzten Woche die völkischen Beobachter der Bild-Zeitung und ihrer Ableger (also alle anderen Medienerzeugnisse) das Griechenland-Bashing etwas heruntergefahren haben (so kommt es mir jedenfalls vor), muss ich wie ein richtiger Führungsspieler mit echten Kämpferqualitäten noch mal ein bisschen nachtreten. Die Griechen haben uns Deutsche schon einmal übel über den Tisch gezogen. Das am Boden liegende Fußballland flehte damals den Deutschen Fußballbund um Unterstützung an. Großzügig spendete der einen noch gut erhalten Alttrainer, exklusiv mit kleinen Macken.

Der Dank war bekanntlich, dass wir mal wieder in der Vorrunde ausschieden und die Europameister wurden. Damit haben die Griechen auf lange Jahre jeden Kredit verspielt. Und außerdem gilt: Innerhalb Deutschlands sind es die Armen und Kranken, die unser Geld verprassen, das kann man den Mittelreichen im Land erzählen. Innerhalb der EU sind es dann die armen Länder, die unser Geld verprassen, das kann man dann sogar den Armen im Land erzählen, usw.

Und jetzt natürlich noch das großangekündigte Schlagerspiel vom letzten Samstag: die Schwarzen gegen die Grünen. Es war ein unglaublich ödes 0:0. Dabei hatten sich im Vorfeld alle so auf den Pokalfight des Jahres gefreut: „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“ Einziger Höhepunkt der glanzlosen Vorstellung beider Mannschaften blieb dann aber diese gelbverdächtige Tätlichkeit von Grün, die der Schiedsrichter nicht ahndete.

Vom Platz verwiesen wurde stattdessen Wolfgang Thierse. Thierse war bereits im Vorfeld wegen wiederholter moralischer Integrität verwarnt worden, sodass dem Schiedsrichter am Ende gar nichts anderes übrig blieb, als ihm die Rote Karte zu zeigen. Die Angelegenheit wird für Thierse ein Nachspiel haben. Die Reichsmutterkreuzbeauftragte Chrissie Dingens sprach von einem ganz schlechten Vorbild für die Jugend. „Wenn die Kids sehen, dass da ein erwachsener Mensch einfach so Nazis daran hindert, durch die Reichshauptstadt zu marschieren, dann denken sie am Ende, die Alten halten ja nicht nur Sonntagsreden, die verhalten sich sogar entsprechend. Wie soll ein Jugendlicher, der so etwas sieht, denn bitteschön sich noch rebellisch gegen die Verlogenheit der Elterngeneration auflehnen? Nehmen Sie als Gegenbeispiel Bischof Mixa. Können Sie sich vorstellen, dass dieser ehrenwerte Mann eine Ordnungswidrigkeit begehen würde, um unsere Demokratie zu verteidigen? Natürlich nicht, da wäre er ja schön blöd. Das ist ein Vorbild für die Jugend, wie ich es mir wünsche. So einem Mann würde ich immer wieder aufs neue meine Kinder anvertrauen“, so Chrissie Dingens wörtlich.

Auch Rainer Wendt, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, hat Thierse scharf kritisiert und ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn beantragt: Wer im Verbund mit linksextremistischen Terroristen den Nationalsozialisten ihr Recht auf freie Volksverhetzung abspreche, der trete damit jene Werte der Sozialdemokratischen Partei mit den Füßen, für die sich in der Vergangenheit Politiker wie Wolfgang Clement und Thilo Sarrazin so glaubwürdig stark gemacht hätten.