Riesenschlange sorgt sich um Kind

Hach, mir ist so weihnachtlich zumute. Das kommt von der irgendwie weihnachtlichen, rührenden Nachrichtenlage – Upps, nein nicht von dieser. Die Geschichte klingt zwar märchenhaft, aber nicht rührend. Ich meinte diese Geschichte, über die mich taz-online dankenswerterweise auf dem Laufenden hält:

Riesenschlange sorgt sich um Kind

Ein Python schmust am liebsten mit seinem besten Freund Dylan. Der Zehnjährige liegt im Wachkoma. Nun will Brandenburg die Riesenschlange kassieren, weil sie gefährlich sei.

BERLIN dpa | Seit der Geburt liegt der zehn Jahre alte Dylan im Wachkoma. Ein Python ist der beste Freund des Schwerstkranken aus dem brandenburgischen Schönwalde/Glien (Havelland). Videos zeigen: Der sechs Jahre alte Albino Tigerpython Ka züngelt dem Jungen zärtlich über die Wange oder legt ihm seinen gestreiften Schuppenkopf auf den Arm. Aber: In Brandenburg gilt die Schlange als gefährlich. Das zuständige Ordnungsamt will sie aus der Familie nehmen. Dagegen formiert sich zehntausendfacher Widerstand im Internet. Doch es gibt Hoffnung für die beiden ungewöhnlichen Freunde.

Dylan liegt im Wachkoma und wird künstlich beatmet. „Wenn Ka beim ihm liegt, wird der Junge viel ruhiger, Puls und Atmung entspannen sich“, sagt Vater Eckhard Gerzmehle. Das Kriechtier kam als Babyschlange in die Familie, die damals in Berlin lebte. Am Anfang hatte niemand gewusst, zu welcher Rasse es gehört. Als das dann klar war, wurde unter anderem der Sachkundenachweis für die Haltung von Riesenschlangen gemacht.

Mit dem Umzug von Berlin nach Brandenburg vor zwei Jahren änderte sich die Lage. Offiziell ist Ka nun gefährlich. Als sie kürzlich vom Grundstück ausbüchste und einen Hund verletzte, griff das zuständige Ordnungsamt durch. Der Python muss die Familie verlassen. So schreibt es das Gesetz vor. Notfalls sollte er auch beschlagnahmt werden.

Diese Geschichte ließ den Berliner Feuerwehrmann Jürgen Töpfer nicht los. Spontan startete er vor einer Woche eine Aktion im sozialen Netzwerk Facebook. „Innerhalb von zwei Stunden kamen bereits 2000 Likes“, sagt er. Bis Donnerstagmittag waren es rund 84 000. „Ich bin überwältigt“, sagt der 48-jährige, der selbst Vater ist. Seit der Übersetzung der Seite ins Englische kommen auch Kommentare aus England, Amerika und asiatischen Ländern.

Im Ringen um das Bleiberecht für Ka wird die Familie von der Erna-Graf-Stiftung für Tierschutz unterstützt. Vorsitzender Eisenhard von Loeper hofft auf ein Einsehen der zuständigen Behörde. „Der Junge braucht Ka“, betont er.

Die Exotenhaltungsverordnung lässt nach Angaben von Bürgermeister Bodo Oehme (CDU) keinen Spielraum, bietet aber Ausnahmen. Nach Paragraf 15 fallen Tiere für Schlangentanz oder Schlangenbeschwörung darunter. Oehme erwartet nun bis Montag entsprechende Bestätigungen der Familie. „Die Entscheidung über Kas Zukunft wird dann zeitnah getroffen“, kündigt er an.

Das war der Stand am 28.11. Und nun, noch vor Nikolaus, die frohe Botschaft: alles scheint gut zu werden.

Riesenschlange Ka darf wohl bleiben

Zehntausende Bürger und auch Politiker haben dafür gekämpft, dass der Tigerpython bei dem schwer kranken Wachkomakind Dylan bleiben darf. Nun ist eine Lösung da.

BERLIN dpa | Das Drama um das Wachkomakind Dylan aus Schönwalde/Glien (Havelland) und seinen besten Freund, Pythonschlange Ka, steht vor einem guten Ende. Der Vater des schwer kranken Zehnjährigen habe angegeben, dass das Tier offiziell bei einem Verwandten in Berlin angemeldet sei, sagte Bürgermeister Bodo Oehme am Dienstag. „Wenn er uns die Meldebescheinigung bringt, ist die Akte damit für uns geschlossen.“ Das Ordnungsamt der Gemeinde wollte Ka aus der Familie nehmen. In Brandenburg ist die Haltung eines Albino Tigerpython im Gegensatz zu Berlin untersagt, weil das Tier dort als gefährlicher Exot gilt.

Ka kam als Babyschlange in die Familie und wirkt der Familie zufolge beruhigend auf den Jungen, der seit seiner Geburt im Wachkoma liegt. Der Kreislauf werde stabiler und teilweise könne sogar auf künstliche Beatmung verzichtet werden, sagte Vater Eckhard Gerzmehle. Doch nach dem Umzug der Familie von Berlin nach Schönwalde änderte sich die Rechtslage. Als Ka aus der Wohnung ausbüchste und auf der Straße einen Hund verletzte, schickte das Ordnungsamt Ende Oktober die Verfügung, dass der Python die Familie verlassen müsse.

In einem zweiten Schritt will der Vater nun erreichen, dass die Riesenschlange als Therapietier anerkannt wird. „Dafür ist eine entsprechende Ausbildung und Prüfung erforderlich sowie ein Gutachten, dass der Python nicht gefährlich ist“, sagte Oehme. Wenn diese Nachweise erbracht seien, könne Ka auch wieder offiziell bei der Familie leben – und bei seinem Freund Dylan bleiben.

Dafür hatten sich neben Landtagsabgeordneten Zehntausende Menschen im Internet eingesetzt. Die Facebook-Seite „Unterstützt Wachkomakind Dylan und seine Schlange Ka“ hatte bis Dienstagnachmittag mehr als 190.000 Unterstützer-„Likes“.

Die Originalartikel finden sich hier:

http://www.taz.de/!128410/

http://www.taz.de/Wachkomakind-in-Brandenburg/!128693/

Sie wurden für vorliegendes Posting leicht modifiziert und behutsam an die journalistischen Standards des Raushau-Blogs angepasst.

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Natrix Natrix Natrix

Natrix, Natrix, Natrix – dreimal Natrix heißt die (nördlichere Form der) Ringelnatter auf Biologisch. Mehr Natter geht nicht. Natrix Natrix Natrix ist der Prototyp, in Mitteleuropa die Schlange schlechthin. Auch Ringelnatter ist ein fantastischer Name für eine Schlange. Denn was tut so eine naturgemäß? Sie ringelt sich. Für noch mehr Schlange im Namen müsste sie schon Schlängelschlange heißen, doch das wäre banal. Natrix Natrix Natrix hat zwei Halbmondflecken am Hinterkopf, sodass man denken könnte, sie trüge einen Ring um den Hals wie die Ringeltaube. Ringeltaube – was für ein langweiliger Name für eine Taube!

Früher, ganz früher hieß die Ringelnatter einmal Unke – vom althochdeutschen unkvi, das vom lateinischen anguis kommt, was Schlange bedeutet. Den Namen musste sie dann an die heute noch unter ihm bekannte Krötenart abtreten. Da haben die Sprachpfleger vor Hunderten Jahren offensichtlich mal wieder nicht aufgepasst, denn dass eine Kröte Schlange heißt, so etwas dürfte es in einer ordentlich sortierten Sprache niemals geben!

Die gelben Halbmondflecken am Kopf ließen Natrix Natrix Natrix in alten Märchen und Sagen zur Schlange mit dem Krönchen werden. Außer ihrem Krönchen hat sie meistens noch einen ganzen Berg Schätze bei sich unter der Erde. Manchmal hilft sie dem Helden. Sie mag es, wenn man ihr ein Schälchen mit Milch hinstellt.

Im Märchen von der Unke tut das ein kleines Mädchen. Das Märchen von der Unke gehört zu jenen Märchen aus der Sammlung der Brüder Grimm, die sich besonders alt anfühlen. Nicht wie aus der Zeit, in der das Wünschen noch geholfen hat, sondern wie aus der Zeit noch vor dieser Zeit. Der Zeit, in der Menschen und Dämonen ganz selbstverständlich zusammenlebten, selbstverständlicher selbst als in den anderen Märchen.

Das kleine Mädchen im Märchen von der Unke teilt jeden Tag die Milch, die ihm seine Mutter mitgegeben hat, mit der Schlange und freut sich über ihre Gesellschaft.

„ […] und wenn es mit seinem Schüsselchen dasaß und die Unke kam nicht gleich herbei, so rief es ihr zu:
‚Unke, Unke, komm geschwind,
komm herbei, du kleines Ding,
sollst dein Bröckchen haben,
an der Milch dich laben.’“

Und dann kommt die Schlange und bringt dem Mädchen kleine Geschenke aus ihrem Schatz. Die Mutter hat dem Mädchen aber außer der Milch zum Trinken Weckbrocken zum Essen mitgegeben. Die bietet es der Schlange auch an und versteht nicht, dass sie sie verschmäht. Eines Tages schlägt es ihr deshalb leicht mit seinem Holzlöffelchen auf den Kopf und sagt ihr, sie solle auch von den Brocken essen. Die Mutter sieht ihr Kind mit der Schlange sprechen und wie es ihr mit dem Löffelchen auf den Kopf schlägt, kommt mit einem Holzscheit aus der Küche gelaufen und tötet die Schlange damit. Daraufhin wird das Kind traurig und krank, und schließlich stirbt es bald.

Nicht, dass ich etwas davon verstünde, aber mir kommt das Märchen schamanisch vor, weil es nicht stark zu trennen scheint zwischen den Menschen auf der einen Seite und den Tieren auf der anderen, sondern davon ausgeht, dass unsere Seelen (oder unsere Dämonen) auch in den Tieren sind (und umgekehrt). Für mich ist es eine Geschichte davon, wie eine Mutter die Seele ihres Kindes tötet. Ich denke, es ist eine zeitlose Geschichte.

Die Ringelnattern auf den Fotos sind Berliner Tiere, die ich diesen Sommer im Spandauer Forst fotografiert habe. Ich war einige Male dort und obwohl ich oft, sogar meistens, wenn ich da war, eine Ringelnatter gesehen habe, ist es mir nicht immer gelungen, gute Fotos zu machen – oder auch nur überhaupt welche. Das lag daran, dass mich Natrix Natrix Natrix meistens etwas schneller bemerkte als ich sie, und dann reicht es normalerweise nur noch für Fotos von Schwanzspitzen.

Zum Schluss noch, was beim Thema Schlangen alle als erstes wissen wollen: Natrix Natrix Natrix ist ungiftig und für Mensch, Hund und Katz absolut nicht gefährlich. Wenn man in Deutschland einer Schlange begegnet, ist das normalerweise sie. Wenn sie diese schicken Halbmondflecken hat, ist sie es mit Sicherheit. Die Giftschlange, der man in Deutschland begegnen könnte, ist die Kreuzotter (und in ganz wenigen Gegenden auch die ähnliche Aspisviper). Bissunfälle mit Kreuzottern verlaufen ungefähr einmal in hundert Jahren tödlich. Wenn die Kreuzotter bei einem Abwehrbiss tatsächlich Gift abgibt, was sie keineswegs immer tut, kann das aber, wenn es doof läuft, auch den berühmten gesunden, erwachsenen Menschen ganz ordentlich krank machen. Ein sehr effektiver, in 99 Prozent der Fälle wirksamer Schutz vor Schlangenbissen ist es, keine Schlangen zu fangen oder anzufassen.